Mittwoch, 27. Juli 2016

nachts.



Wer bist du nachts – nachts, wenn alle anderen schlafen? Wer bist du nachts, dann wenn dich niemand hört?
 Nachts, nachts sind wir impulsiv. Nachts sind wir wie Tiere. Nachts brauchen wir nicht viel. Nachts sind wir Minimalisten.
Nachts haben wir keine Hemmungen mehr voreinander. Wir haben keine Angst uns zu erzählen, was uns bewegt, wohin es uns treibt.
Nachts beleben wir unsere Fantasie. Nachts sind wir zueinander ehrlich. Wir sind erst dann so richtig sensibel. Alles woran wir zweifeln bezweifeln wir nachts.

Und wo sind unsere Zweifeln, wenn die Sonne aufgeht? Wir legen unsere Maske wieder an, wenn es hell wird. Denn tagsüber sind wir die Kleinstadtmenschen, die alles tun und alles durchleben, wie alle anderen, und sich ihrer Meinung unterwerfen und alles teilen mit ALLEN, mit ALLEN anderen.
Doch wer sind wir nachts? Nachts, wenn wir den Text unseres Lebens schreiben wollen. Nachts, wenn wir weinen voller Traurigkeit. Und wir schreiben den Text unseres Lebens, vollgepackt mit Melancholie.
Und alles was wir haben sind Bücher und Kunst und Flaschen voller Wein. Wir sind wie Philosophen so frei und allein. Wir haben unsere Stadt, wir haben unsere Lieder. Wir haben unsere Nacht und verändern uns immer wieder. Wir plädieren für mehr Endorphine, wir plädieren für unser Leben. Wir warten bis wir uns nachts zum ersten Mal wieder regen.
Wir werden noch 1000 Jahre so weiter machen, wenn wir nicht auch im echten Leben erkennen, dass die Zeit, die uns bleibt, beginnt für immer wegzurennen. Und wir warten und warten, denn wir gehen nur nach unserem Kopf, nicht nach unserem Herzen. Uns ist nur wichtig, dass wir gut dastehen.
Aber nachts – nachts beginnen wir zu erzählen. Du beschreibst mir deine Geschichte mit Leib und Seele. Und ich erzähl dir meine. Ich will jedes Detail von dir jetzt erfahren, denn ich will wissen wer du bist, wenn die anderen schlafen.
Ich will wissen wer du bist, will jeden Teil davon berühren. Ich will wissen wer ich bin, will jeden Teil von mir spüren. Ich will raus aus diesem Käfig, denn ich bin sonst für immer hier gefangen. Lauf mit mir weg. Hau mit mir ab.
Ich will weg von diesem Ort. Ich will weg von allem hier. Doch es zieht mich immer wieder zurück, warum lässt sie mich immer wieder los? Wo ist sie, wenn ich sie brauche? Wo ist meine Nacht?
Und ich tippe im Rhythmus. Ich tippe mit jedem Atemzug. Ich schreibe den Text meines Lebens. Für mich.
Ich brauche nicht mehr euren Anschub, denn ich warte nur mehr auf dich. Ich warte nur mehr auf ein „wir“. Ich warte darauf, dass wir alle Monster zusammen bekämpfen. Ich warte darauf, dass wir zusammen fliegen. Ich warte, ich warte, aber ich will es auch endlich mal machen.
Ich bin wie in Trance. Ich bin gar nicht mehr ich. Ich fühl mich so leer. Wo bin ich hier?
Ich bin hier in der Nacht. Denn für mich gibt es nur die Nacht.

Und die einzige philosophische Frage, die ich mir wirklich jeden Tag stelle ist: Wer? WER sind wir nachts, wenn alle anderen schlafen?
Und manchmal vergesse ich den Sinn des Lebens, und muss nochmal anfangen Jack Kerouac zu lesen. Und ich werde daran erinnert, es gibt noch mehr Menschen wie mich. Nur wo? Wo auf der Welt?
Und dann fühl ich mich wieder einsam, dann fühl ich mich wieder so allein. Doch das Leben lehrt dir als allererstes eines – sei doch mal allein.
Und irgendwann frisst der Konsum auch meine eigenen 35 Quadratmeter auf, in denen ich immer wieder nach Dingen gesucht habe; in denen ich immer wieder nach mir selbst gesucht habe. Und irgendwann beherrscht sogar das letzte Stück Plastik diese Welt, und wir sterben alle, an den Taten unserer selbst.
Und genau dann, dann warte ich auf dich, nachts.

Und wer sind wir nachts, wenn alle anderen ahnungslos ihren Tag im Schlaf verarbeiten? Wir beginnen unseren Tag erst dann. Wer sind wir dann, wenn alle anderen zuschauen, wie die Welt in sich zusammenstürzt? WER? WER SIND WIR DANN?
Und du analysierst erschüttert die IKEA Verkaufsphilosophie. Du erstellst ein Profil von jedem Möbelstück deines Zuhauses, während ich durch den Regen tanze, voller Unbeschwertheit. Und du glaubst noch immer, du bist etwas Besonderes. Aber du bist austauschbar. Alles auf der Welt ist austauschbar.
Und manchmal wünsch ich mir einen zweiten Planeten, zu dem ich fliehen kann, wann auch immer ich dazu das Bedürfnis verspüre. Denn werdet erwachsen! Aber ich will nie erwachsen werden.
Und die einzige, die mich verstehen kann, wenn meine Lichterkette über meinem Bett im Dunkeln leuchtet, ist die Nacht. Und dann frage ich dich, wer bist du dann nachts, wenn alle anderen schlafen?

Sonntag, 10. Juli 2016

bewegung.



Stell dir vor das Leben ist eine Welle. Eine Welle ist immer in Aufregung, sie bleibt nie willkürlich stehen. Irgendwann muss die Welle weiterziehen. Sie zerfällt und rappelt sich wieder auf. Die Welle ist manchmal still, manchmal ist sie aber auch wütend. Sie lebt je nach ihrer Stimmungslage und man kann sie nie beeinflussen. Und obwohl, die Welle manchmal so ruhig ist, dass man sie kaum noch bemerkt, bleibt sie immer in Bewegung.


Manchmal muss etwas Einschlaggebendes in unsrem Leben passieren, damit wir bemerken, dass wir nicht mehr so weitermachen können wie bisher. Es ist vielleicht nicht das Ereignis selbst, das uns dazu veranlasst, etwas in uns passieren zu lassen, sondern einfach nur die Zeit der Veränderung, in der wir begreifen, dass wir unbewusst Neues von uns selbst lernen können.
Vielleicht ist oft ein Sprung ins kalte Wasser die einzige Möglichkeit, um einen Schritt nach vorn zu wagen. Riskieren setzt uns oft mehr in Bewegung als ständiges Bezweifeln und Nachgrübeln. Man muss sich nicht gleich vor einen fahrenden Zug werfen, um seine Probleme zu lösen. Manchmal muss man einfach einen neuen Weg finden, um damit umzugehen.

Jeder Neuanfang ist eine Chance auf mehr Bewegung in unsrem Leben. Jeder Neuanfang treibt uns dazu an, nicht mehr still zu sitzen, sondern endlich mal wieder die Tatsachen in die Hand zu nehmen. Jeder Neuanfang lockt die Bestie aus uns heraus, um wieder Platz für das Gute zu machen.
Die Zeit, in der wir der Vergangenheit nachtrauern ist vorbei. Wir sind nicht mehr dazu bereit jedem Menschen alles recht zu machen. Wir können uns nicht immer auf das Urteil anderer konzentrieren. Wir müssen nach unserem eigenen Urteil leben. Der Moment für mehr Bewegung in unsrem Leben wird nie da sein, wenn wir ihn nicht selbst bestimmen. Die Ewigkeit ist so lange vorhanden bis wir sie verkürzen.

Hin und wieder müssen wir auch Teil einer Bewegung werden, um die Bewegung in uns selbst überhaupt zu erkennen. Wir müssen unser Individuum dazu nutzen, um Erweiterungen dazu zu bilden. Manchmal sind wir einfach zu eigen dafür, um unsere Schale abzulegen, damit unser Kern weiterwachsen kann. Meistens sind wir zu egoistisch dazu, um zu erkennen, dass auch andere Menschen uns bewegen können. Wir sind nicht nur immer für unser eigenes Leben verantwortlich, weil wir Gemeinschaftstiere sind. Aber oft ist die Einsamkeit zu zweit auch schlimmer, als die Stille allein.
Um unser Leben und das von anderen Menschen wieder ausschöpfen zu können, müssen wir wieder für mehr Bewegung plädieren. Wir müssen weiterlaufen ohne uns zurückhalten zu lassen und versuchen gegen den Strom zu schwimmen. Wir müssen wieder auf unsere Welle kommen, um sie sie zu bändigen. Denn die Welle bleibt nicht stehen. Sie bewegt.