Sonntag, 29. Mai 2016

ich hab dich lieb. bis zum himmel hoch und wieder zurück!



Mein heutiger Text ist über eine ganz besondere Person. Ich hab ihr vermutlich in den letzten achtzehn Jahren und neun Monaten schon die aller meisten Nerven gekostet, aber auch sicher unzählige schöne Momente beschert. Die meisten Menschen in meinem winzigen Dorf können mich und meine kreative, vulkanisierende, etwas spezielle Art einfach ignorieren, aber sie nicht, denn sie ist meine Mutter.

Wenn ich an einige Erlebnisse meiner kindlichsten Kindheit zurückdenke, dann fallen mir immer genau die gleichen ein. Ich hab diese Momente nicht allein erlebt, denn es war immer eine andere Person dabei – meine Mama.
Meine Mama war schon immer die Bastelmama. Kein Kind hatte so viele Bastelsachen zu Hause wie ich, denn wir hatten einfach alles. Oft auch in mehrfacher Ausgabe. Eine Geburtstagskarte kaufen? Noch immer ein Tabu! Denn wir haben genug Buntpapier, Strass-Steinchen und Federn zuhause, um eine zu basteln.
Meine Mum war immer eine Art Kindergärtnerin. Sie hatte sogar die gleiche Bastelmappe wie meine Kindergärtnerinnen. Vielleicht ist das ihre Erholung von ihrem anstrengenden Bürojob.
Ich habe meine Kreativität sogar so weit von ihr geerbt, dass ich mit etwa vier Jahren meine Haare zum ersten Mal selbst geschnitten und dann in unserer Bastellade versteckt habe. Ich werde nie den Tag vergessen, an dem ich mit meiner Cousine und meinem Onkel im Sandkasten spielte und dann auf einmal meine Mum mit einem Büschel voller hellbraunen Haare heraus kam und fragte: „Denise, sind das die Haare von deiner Puppe?“ – natürlich wusste sie, dass es meine Haare waren. Sie wartete nur auf ein Geständnis.
So ist das mit meiner Mama, sie wartet immer auf Geständnisse, und quetscht dich so lange aus bis sie weiß, was sie wissen möchte. So war es in den letzten Jahren bei meinen ersten Männerbesuchen, bei meiner ersten Liebe, bei meinen Freunden und so weiter. Manchmal tut sie sogar schon so als würde sie meine Freunde besser kennen als ich, aber das ist dann der Teil, an dem ich ihre Neugierde stoppen muss.
Eine ganz andere Sache, die ich eindeutig von ihr habe, ist meine energische Ader. Wir sind eben beide ziemlich starke Persönlichkeiten, die des Öfteren aufeinander krachen. Mit sechs Jahren waren unsere Streitpunkte noch meine schlechten Lesekünste, mit fünfzehn war es die Pubertät und heute ist es meine Zukunft. Sie ist immer der Meinung, dass man alles sofort entscheiden und das sein restliches Leben machen muss, weil ihr vor dreiundzwanzig Jahren auch nichts anderes übrig blieb, aber heutzutage ist das nicht mehr so. Man muss als junger Mensch flexibel sein und oft weiß man eben mit achtzehn noch nicht, was man sein Leben lang machen möchte. Dann testet man eben mehrere Wege aus. Ich versteh ihre Ansichten komplett, dass sie mich und mein Studium auch nicht ewig erhalten möchte, aber das verlange ich auch gar nicht. Es ist nur oft verwirrend zu verstehen, dass ich nicht einfach nur eine Sache machen will und auch von mir persönlich aus nicht kann, weil es so viele Dinge gibt, die mich interessieren und ich heute noch nicht entscheiden kann, ob ich in etwas mehr als einem Jahr Modedesignerin, Fotografin, Künstlerin, Schriftstellerin, Tätowiererin oder sonst was sein möchte.
Das mit dem Tätowieren ist die nächste Geschichte. Ich hab mir innerhalb von einigen Monaten drei Tattoos stechen lassen. Sehr zur Freude von mir, weniger zu der meiner Mum. Sie hat sich selbst vor einigen Jahren zwei ziemlich unüberlegte Tattoos stechen lassen und ist nicht gerade der größte Fan meiner Sucht und meines Schönheitsideales. Jedoch ich muss ihr leider jetzt und hier sagen: Es tut mir Leid, aber mir gefällt das!
Ich möchte sie noch dazu überreden eines mit mir zusammen stechen zu lassen. Ich hab dazu ein ganz spezielles entworfen, das sehr viel für unsere Mutter-Tochter-Beziehung hergibt, in der oft viel gezankt und geschrien, aber auch sehr viel gelacht und gelebt wird.
Meine Mama und ich hatten früher als ich klein war einen ganz besonderen Spruch (der auch noch immer in jeder Geburtstagskarte steht). Er lautete „Ich hab dich lieb bis zum Himmel hoch und wieder zurück“. Jeden Abend vor dem Schlafen gehen waren das unsere letzten Worte zueinander. Mein Design ist zwar noch im rohsten Rohzustand, aber die Bedeutung ist sehr tief. Die Pfeile stehen für das hin und zurück; der Mond steht für den Himmel und die Blumenranken im Mond stehen für die Erde; die Tropfen stehen für alle Freuden-, Wut- und Trauertränen.
Die meisten von euch finden es wahrscheinlich zum Schreien lächerlich, aber mir ist es sehr, sehr wichtig. Deshalb will ich es einmal an einer sichtbaren Stelle haben. Keine Ahnung ob meine Mum auch so begeistert davon ist, aber vielleicht kann ich sie noch dazu überreden.


Liebe Mama, ich weiß, dass du diesen Text lesen wirst, weil du erstens meine größte Stalkerin und zweitens mein größter Fan bist! Du hast es nicht immer leicht mit mir, und ich auch nicht immer leicht mit dir, aber mein Leben wäre ja langweilig, wenn wir uns nicht hätten.
Wenn ich sage, dass ich nicht gern von Wien heimkomme, weil zuhause sofort an mir rumgenörgelt wird, mein ich das nicht so. Ich komm gerne nachhause. Nur ich werde halt auch irgendwann groß, tut mir leid, dass gehört zum Alterungsprozess eines Menschen. Aber egal was passiert, und wie dumm ich mich hin und wieder verhalte, du wirst immer meine große Mami bleiben, zu der ich aufschaue!



Ich hab dich lieb! Bis zum Himmel hoch und wieder zurück!



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