Mein
heutiger Text ist über eine ganz besondere Person. Ich hab ihr vermutlich in
den letzten achtzehn Jahren und neun Monaten schon die aller meisten Nerven
gekostet, aber auch sicher unzählige schöne Momente beschert. Die meisten
Menschen in meinem winzigen Dorf können mich und meine kreative,
vulkanisierende, etwas spezielle Art einfach ignorieren, aber sie nicht, denn
sie ist meine Mutter.
Wenn ich an
einige Erlebnisse meiner kindlichsten Kindheit zurückdenke, dann fallen mir
immer genau die gleichen ein. Ich hab diese Momente nicht allein erlebt, denn
es war immer eine andere Person dabei – meine Mama.
Meine Mama
war schon immer die Bastelmama. Kein Kind hatte so viele Bastelsachen zu Hause
wie ich, denn wir hatten einfach alles. Oft auch in mehrfacher Ausgabe. Eine
Geburtstagskarte kaufen? Noch immer ein Tabu! Denn wir haben genug Buntpapier, Strass-Steinchen
und Federn zuhause, um eine zu basteln.
Meine Mum
war immer eine Art Kindergärtnerin. Sie hatte sogar die gleiche Bastelmappe wie
meine Kindergärtnerinnen. Vielleicht ist das ihre Erholung von ihrem
anstrengenden Bürojob.
Ich habe
meine Kreativität sogar so weit von ihr geerbt, dass ich mit etwa vier Jahren
meine Haare zum ersten Mal selbst geschnitten und dann in unserer Bastellade versteckt
habe. Ich werde nie den Tag vergessen, an dem ich mit meiner Cousine und meinem
Onkel im Sandkasten spielte und dann auf einmal meine Mum mit einem Büschel
voller hellbraunen Haare heraus kam und fragte: „Denise, sind das die Haare von
deiner Puppe?“ – natürlich wusste sie, dass es meine Haare waren. Sie wartete
nur auf ein Geständnis.
So ist das
mit meiner Mama, sie wartet immer auf Geständnisse, und quetscht dich so lange
aus bis sie weiß, was sie wissen möchte. So war es in den letzten Jahren bei
meinen ersten Männerbesuchen, bei meiner ersten Liebe, bei meinen Freunden und
so weiter. Manchmal tut sie sogar schon so als würde sie meine Freunde besser
kennen als ich, aber das ist dann der Teil, an dem ich ihre Neugierde stoppen
muss.
Eine ganz
andere Sache, die ich eindeutig von ihr habe, ist meine energische Ader. Wir
sind eben beide ziemlich starke Persönlichkeiten, die des Öfteren aufeinander
krachen. Mit sechs Jahren waren unsere Streitpunkte noch meine schlechten
Lesekünste, mit fünfzehn war es die Pubertät und heute ist es meine Zukunft.
Sie ist immer der Meinung, dass man alles sofort entscheiden und das sein
restliches Leben machen muss, weil ihr vor dreiundzwanzig Jahren auch nichts
anderes übrig blieb, aber heutzutage ist das nicht mehr so. Man muss als junger
Mensch flexibel sein und oft weiß man eben mit achtzehn noch nicht, was man
sein Leben lang machen möchte. Dann testet man eben mehrere Wege aus. Ich
versteh ihre Ansichten komplett, dass sie mich und mein Studium auch nicht ewig
erhalten möchte, aber das verlange ich auch gar nicht. Es ist nur oft
verwirrend zu verstehen, dass ich nicht einfach nur eine Sache machen will und
auch von mir persönlich aus nicht kann, weil es so viele Dinge gibt, die mich
interessieren und ich heute noch nicht entscheiden kann, ob ich in etwas mehr
als einem Jahr Modedesignerin, Fotografin, Künstlerin, Schriftstellerin,
Tätowiererin oder sonst was sein möchte.
Das mit dem
Tätowieren ist die nächste Geschichte. Ich hab mir innerhalb von einigen
Monaten drei Tattoos stechen lassen. Sehr zur Freude von mir, weniger zu der
meiner Mum. Sie hat sich selbst vor einigen Jahren zwei ziemlich unüberlegte
Tattoos stechen lassen und ist nicht gerade der größte Fan meiner Sucht und meines
Schönheitsideales. Jedoch ich muss ihr leider jetzt und hier sagen: Es tut mir
Leid, aber mir gefällt das!
Ich möchte
sie noch dazu überreden eines mit mir zusammen stechen zu lassen. Ich hab dazu
ein ganz spezielles entworfen, das sehr viel für unsere
Mutter-Tochter-Beziehung hergibt, in der oft viel gezankt und geschrien, aber
auch sehr viel gelacht und gelebt wird.
Meine Mama
und ich hatten früher als ich klein war einen ganz besonderen Spruch (der auch
noch immer in jeder Geburtstagskarte steht). Er lautete „Ich hab dich lieb bis
zum Himmel hoch und wieder zurück“. Jeden Abend vor dem Schlafen gehen waren
das unsere letzten Worte zueinander. Mein Design ist zwar noch im rohsten
Rohzustand, aber die Bedeutung ist sehr tief. Die Pfeile stehen für das hin und
zurück; der Mond steht für den Himmel und die Blumenranken im Mond stehen für
die Erde; die Tropfen stehen für alle Freuden-, Wut- und Trauertränen.
Die meisten
von euch finden es wahrscheinlich zum Schreien lächerlich, aber mir ist es
sehr, sehr wichtig. Deshalb will ich es einmal an einer sichtbaren Stelle
haben. Keine Ahnung ob meine Mum auch so begeistert davon ist, aber vielleicht
kann ich sie noch dazu überreden.
Liebe Mama,
ich weiß, dass du diesen Text lesen wirst, weil du erstens meine größte Stalkerin
und zweitens mein größter Fan bist! Du hast es nicht immer leicht mit mir, und
ich auch nicht immer leicht mit dir, aber mein Leben wäre ja langweilig, wenn
wir uns nicht hätten.
Wenn ich
sage, dass ich nicht gern von Wien heimkomme, weil zuhause sofort an mir
rumgenörgelt wird, mein ich das nicht so. Ich komm gerne nachhause. Nur ich werde
halt auch irgendwann groß, tut mir leid, dass gehört zum Alterungsprozess eines
Menschen. Aber egal was passiert, und wie dumm ich mich hin und wieder
verhalte, du wirst immer meine große Mami bleiben, zu der ich aufschaue!
Ich hab dich
lieb! Bis zum Himmel hoch und wieder zurück!
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